„IKT für Elektromobilität: wirtschaftliche E-Nutzfahrzeug-Anwendungen und Infrastrukturen“
Mit der Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes hat sich Deutschland verpflichtet, die Treibhausgasemissionen im Verkehr um fast 50 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Ein wesentlicher Treiber verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen ist der Straßengüterverkehr. Er ist derzeit für rund ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrssektors verantwortlich. Die Gesamtfahrleistung in diesem Bereich wird bisher fast ausschließlich durch Nutzfahrzeuge mit konventionellen, auf Dieselkraftstoff basierenden Antrieben erbracht. Daher sieht das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung vor, dass bis 2030 etwa ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erbracht werden soll.
Weiterer Handlungsdruck entsteht durch europäische Vorgaben, wonach bis 2030 die CO2-Emissionen bei Nutzfahrzeugen im Vergleich zu 2019 um 30 Prozent sinken müssen
Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, sind erhebliche Anstrengungen erforderlich. Einen Schlüsselfaktor spielen dabei leistungsfähige Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).
Die vorliegende Förderrichtlinie soll einen Lösungsbeitrag zu den Herausforderungen im Nutzfahrzeugsegment leisten. Ziel ist es, auf IKT basierende wirtschaftliche E-Nutzfahrzeug-Anwendungen und Systemlösungen und ihre infrastrukturelle Einbindung beispielhaft zu entwickeln und in Feldversuchen zu testen. Gesucht werden Lösungen, die helfen, die Herausforderungen an der Schnittstelle von Fahrzeug, Verkehr, Logistik, Gebäude und Energienetzen mit Hilfe des Einsatzes von neuen IKT-basierten Elektromobilitätslösungen zu bewältigen.
Gegenstand dieser Förderrichtlinie sind die Entwicklung von IKT-basierten Systemansätzen und Anwendungen für:
die Verknüpfung gewerblicher Elektromobilität mit fortschrittlichen Energie-, Logistik- und Liegenschaftsinfrastrukturen, z. B.:
- neue Liefer- und Logistikkonzepte, die zur Entlastung des öffentlichen Verkehrs oder als kombinierter Verkehr (Personen- und Cargo-Transport) zur Erhöhung der Auslastung und Effizienz bestehender Verkehrsmittel und Infrastrukturen beitragen,
- technische Lösungen auf Wohnungs-, Haus- oder Quartiersebene, die netzverträgliche Lademöglichkeiten für Mieter/Eigentümer vor Ort ohne eigenen Stellplatz ermöglichen. Hierbei sind Lösungen anzustreben, die eine herstellerübergreifende Steuerung erlauben,
- Kopplung von E-Nutzfahrzeugflotten mit Energiemanagementsystemen von Industrie und Gewerbe (vehicle-to-business),
- Steuerungs-, Mess- und Sicherheitsmechanismen zur Nutzung von E-Fahrzeugbatterien als Puffer und Speicher.
Hochautomatisierte und autonome Personenbeförderungs- und Cargo-Konzepte im City-, ländlichen und suburbanen Bereich, z. B.:
- unter Einbeziehung bisher wenig verbreiteter oder neuer Transportmittel wie Drohnen oder Transportroboter,
- in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln, z. B. als Anschlusslösung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder Güterverteilzentren zur Feinverteilung auf der letzten Meile,
- als kombinierter autonomer Verkehr (Personen- und Cargo-Transport in einem Fahrzeug) oder Platooning-Lösung,
- zur Entwicklung und Erprobung technischer Lösungen, die die Sicherheit autonomer Fahrzeuge ohne Sicherheitsfahrer gewährleisten, z. B. durch Fernüberwachung (Teleoperation) über das Mobilfunknetz,
- unter Nutzung von Methoden der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens.
Fahrzeugkommunikation und Daten sowie Plattform-/App-basierte Anwendungen, z. B.:
- zur Verknüpfung der Fahrzeuge mit ihrer Umgebung (Car2X, Car2Grid, Car2Company, Car2Car, Car2User, Car2Home) und Fusion der dabei entstehenden Daten,
- Erhöhung des Digitalisierungsgrades der Mobilität im öffentlichen und individuellen Verkehr mit dem Ziel einer effizienteren Auslastung, Optimierung und Steuerung bestehender Verkehrssysteme,
- App-basierte Anwendungen und Plattform-Lösungen, die die Information und Kommunikation zwischen Anbietern und Nutzenden, Systemen und Angeboten verbessern. Dabei soll – soweit möglich – auf vorhandene, am Markt verfügbare Teilkomponenten aufgesetzt werden. Eine Anknüpfung an neue Entwicklungen und Infrastrukturen, wie z. B. GAIA-X, wird begrüßt.
Neue Ladeinfrastruktur-Lösungen
- zur Bereitstellung einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur speziell für schwere E-Nutzfahrzeuge unter Berücksichtigung der Netzrestriktionen. Hierbei sind auch Batteriewechselsysteme, Smart Grids, regenerative Stromerzeugungsanlagen und Speicherlösungen als Lösungsbeitrag ausdrücklich erwünscht.
IKT-basierte Wasserstoff-/Brennstoffzellen-Anwendungen im Nutzfahrzeugsegment
- In Frage kommen IKT-Lösungen für neue Anwendungen in Verbindung mit mittelschweren und schweren Lkw der Klassen N2 und N3, Busse, Bau-, landwirtschaftliche oder sonstige, für den gewerblichen Einsatz vorgesehene Nutzfahrzeuge. Ausdrücklich nicht im Fokus stehen Anwendungen für Pkw der Fahrzeugklassen M1 sowie die reine Fahrzeug-Entwicklung und vorgelagerte Wertschöpfungsstufen der Wasserstofferzeugung.
Die Umsetzung zu den vorgenannten Themen ist mit Herausforderungen und ungelösten Fragestellungen verbunden, die sich nur durch gezielte Forschung, Entwicklung und Erprobung lösen lassen. Offene Standards, Modularität und Datensicherheit sind dabei unabdingbare Voraussetzungen. Im Rahmen von Modellprojekten sollen ganzheitliche Lösungskonzepte und beispielhafte Systemlösungen − von den Technologien über Dienstleistungen bis hin zu neuen Geschäftsszenarien- entstehen, die auch die neu entstehenden Wertschöpfungsnetzwerke widerspiegeln.
Projektförderung erfolgt als eine nicht rückzahlbare Anteilsfinanzierung in Form eines Zuschusses. Infrastrukturinvestitionen (z. B. in Standard-Software und -Hardware, firmeneigene EDV, Ladeinfrastruktur oder Fahrzeugflotten) werden nicht in die Förderung einbezogen.
Einzelförderung auf Grundlage dieser Förderrichtlinie ist für Projekte, die überwiegend die industrielle Forschung betreffen, auf 20 Mio. Euro pro Unternehmen und Projekt, für Projekte, die überwiegend die experimentelle Entwicklung betreffen, auf 15 Mio. Euro pro Unternehmen und Projekt und für Durchführbarkeitsstudien zur Vorbereitung von Forschungstätigkeiten auf 7,5 Mio. Euro pro Studie begrenzt. Für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft kann die Förderung je nach Marktnähe der zu entwickelnden Lösungen 25 bis 50 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtkosten betragen. Für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der EU-Definition können im Einzelfall höhere Förderintensitäten gewährt werden.
Voraussetzung für die Förderung ist grundsätzlich das Zusammenwirken von mehreren unabhängigen Partnern zur gemeinsamen Lösung von Forschungsaufgaben (Verbundprojekte) Im Verbund sollte mindestens ein mittelständisches Unternehmen beteiligt sein. In den Verbundprojekten sollten IKT-Unternehmen und Anwender unter Einbindung der Forschung zusammenarbeiten. Die Verbundprojekte sollten in der Regel aus mindestens drei bis maximal sieben geförderten Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie gegebenenfalls weiteren, nicht geförderten assoziierten Partnern (z. B. Multiplikatoren oder Kommunen) bestehen (Konsortien).
Projektskizzen können jeweils zum 15. September eines Jahres eingereicht werden.
Beauftragt mit der Durchführung ist:
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)
DLR Projektträger Gesellschaft, Innovation, Technologie
Zwischen dem Stichtag der Skizzeneinreichung und dem Beginn der Laufzeit liegen in der Regel neun bis zwölf Monate.